Film

„Wieder ein Holocaust-Film, werden manche sagen, aber dieser ist so ganz anders. Natürlich in erster Linie ein Film gegen das Vergessen. Aber auch ein Film, der Mut macht, der berührt und die Dinge einmal aus einer ganz anderen Perspektive zeigt und erzählt. Und vor allem – er ist filmisch sehr außergewöhnlich.

Adrian Kutter, Intendant Filmfestspiele Biberach

 

Kinder spüren sofort, wenn etwas Unausgesprochenes in der Luft liegt. Wenn Fragen nach der Vergangenheit der Eltern, nach den nicht existierenden Großeltern oder Verwandten nicht oder nur ausweichend beantwortet werden. Wenn Kinder merken, dass die Wurzeln der Familie in einem anderen Land liegen. Mit zunehmendem Alter, erfährt dann jedes Kind, dass es eine Massenvernichtung der Juden im Dritten Reich gab. Es liest darüber, sieht die schrecklichen Bilder und findet Hinweise, dass die eigene Familie davon betroffen ist.

Salomon Korn (Jahrgang 1943), ehemaliger Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, vergleicht den Holocaust mit dem Film „Alien“: „Man sieht es nie und deswegen stellt man es sich als Kind in seiner Fantasie noch schlimmer und noch grässlicher vor, als es ohnehin schon ist“. Die meisten Kinder von Überlebenden spüren eine Verantwortung, die Eltern beschützen zu müssen und fragen deswegen nicht nach. Für die Eltern ist es eine Gratwanderung, wann, was und wieviel sie erzählen sollen, ohne die Kinder zu überfordern und zu verängstigen

André Laks mit Vater
Raphael Wallfisch mit Mutter und Schwester
Thomas mit Schwester und Vater

André Laks, Philosophieprofessor aus Paris, Thomas Frankl, Galerist aus Wien und Raphael Wallfisch, Cellist aus London, haben eines gemeinsam: jeweils ein Elternteil hat Auschwitz überlebt. Die Eltern waren Künstler: Anita Lasker-Wallfisch (Cellistin im Mädchenorchester von Auschwitz und später Mitbegründerin des British Chamber Orchestra), der französisch/polnische Komponist Szymon Laks (Dirigent des Männerorchesters in Auschwitz) und der Maler Adolf Frankl (malte den Bilderzyklus „Visionen aus dem Inferno“ nach der Befreiung). Sie haben den Söhnen nicht nur ihre Geschichte, sondern auch exzellente Kunstwerke hinterlassen: ein Hoffnungsschimmer inmitten der düsteren Vergangenheit. Jeder der drei Söhne hat seinen ganz eigenen Weg gefunden, mit diesem Erbe umzugehen: vom Nicht-Loslassen-Können bis hin zur offenen Konfrontation.

Der Film DREI SÖHNE blickt durch die Augen der Nachfolge-Generation auf die Geschichte der Überlebenden. Die Zweite Generation wird die Erinnerung einmal wachhalten müssen, wenn auch der letzte Zeitzeuge verstorben ist. Keine leichte Aufgabe inmitten einer Welt, die durch Kriege und Flüchtlingskrisen ständig neue Herausforderungen bietet.

Und ganz nebenbei ist der Film auch eine Hommage an die wunderbare, lange Zeit vergessene Musik von Andrés Vater, dem Komponisten Szymon Laks.

„Die Traumata der Nachkriegsgeneration, der sogenannten Zweiten Generation, sind in den letzten Jahren stärker thematisiert worden. Mich haben aber nicht die Täterfamilien interessiert, sondern die Familien der Opfer. Ich war überrascht, dass auch in den Familien von Shoah-Überlebenden das große Schweigen herrschte – teils aus Verdrängung oder dem Wunsch, die Kinder möglichst lange vor dem Grauen zu schützen.

Der Film dokumentiert unterschiedliche Ansätze, wie die nächste Generation mit dem Erbe und der Geschichte ihrer Eltern umgeht. Ich habe versucht, einen neuen Weg einzuschlagen und mich der Vergangenheitsbewältigung über die hinterlassene Kunst und Musik der Überlebenden zu nähern. Die Kunst ermöglicht einen wesentlich empathischeren Zugang zu den einzelnen Schicksalen.

Mich hat berührt, wie stark Vertreibung und Verfolgung gerade auch bei Künstlern Spuren hinterlassen haben: hoffnungsvolle Karieren wurden zerstört, die künstlerische Kreativität erstarb. Szymon Laks hat Auschwitz überlebt und sich wieder in ein neues Leben zurückgekämpft – wie frustrierend muss es für ihn gewesen sein, dass sich niemand mehr für seine Kompositionen interessiert hat. Dass seine herrliche Musik heute wieder gehört und auf großen Festivals gespielt wird, ist eine späte Wiedergutmachung, die er selbst leider nicht mehr erleben durfte. Der Maler Adolf Frankl fand mit Hilfe der Kunst eine Möglichkeit, seine eigene Sprachlosigkeit zu überwinden und zumindest in Bildern das durchlebte Grauen zu schildern.

Heute ist die Flüchtlingskrise das beherrschende Thema, da rückt die Erinnerungskultur in den Hintergrund. Zu Unrecht, denn die Vorzeichen sind dieselben: der Fremdenhass wächst und man sucht wieder nach Schuldigen für die eigene Misere. Die Beschäftigung mit der Vergangenheit kann helfen, Fehler zu vermeiden und Strategien zu finden, mit denen man die Not der Flüchtlinge besser in den Griff bekommen kann.“

Birgit-Karin Weber

Dokumentarfilm D/A/F/GB 2017

FBW: „Prädikat besonders wertvoll“ – Begründung der Jury
Länge: 87 Minuten
FSK: ab 12 Jahre (Freigabe für Besondere Feiertage)
Sprache: Deutsch, Englisch, Französisch, Original mit dt. oder engl. Untertiteln
Buch/Regie: Birgit-Karin Weber
Kamera: Martin Schilling, Steve Schick, Birgit-Karin Weber
Schnitt: Henning Fromme, Simon Adam
Motion Graphics: Simon Adam, Moritz Weber
Sound Design: Alexander Sonntag, I/O music
Produzentin: Stefanie Greb
Produktion: Greb + Neckermann Filmproduction
Verleih: CREATIVE MOTION Unit
Musik: Szymon Laks
Mitwirkende: André Laks, Thomas Frankl, Raphael Wallfisch,Anita Lasker-Wallfisch, Teda Wellmer, Frank Harders-Wuthenow, Marcel Sztejnberg
Format: Full HD, DCP, Blu-ray

Dokumentarfilm D/A/F/GB 2017

FBW: „Prädikat besonders wertvoll“ – Begründung der Jury
Länge: 87 Minuten
FSK: ab 12 Jahre (Freigabe für Besondere Feiertage)
Sprache: Deutsch, Englisch, Französisch, Original mit dt. oder engl. Untertiteln
Buch/Regie: Birgit-Karin Weber
Kamera: Martin Schilling, Steve Enste, Birgit-Karin Weber
Schnitt: Henning Fromme, Simon Adam
Motion Graphics: Simon Adam, Moritz Weber
Sound Design: Alexander Sonntag, I/O music
Produzentin: Stefanie Greb
Produktion: Greb + Neckermann Filmproduction
Verleih: CREATIVE MOTION Unit
Musik: Szymon Laks
Mitwirkende: André Laks, Thomas Frankl, Raphael Wallfisch,Anita Lasker-Wallfisch, Teda Wellmer, Frank Harders-Wuthenow, Marcel Sztejnberg
Format: Full HD, DCP, Blu-ray

„Wieder ein Holocaust-Film, werden manche sagen, aber dieser ist so ganz anders. Natürlich in erster Linie ein Film gegen das Vergessen. Aber auch ein Film, der Mut macht, der berührt und die Dinge einmal aus einer ganz anderen Perspektive zeigt und erzählt. Und vor allem – er ist filmisch sehr außergewöhnlich.

Adrian Kutter, Intendant Filmfestspiele Biberach

 

Kinder spüren sofort, wenn etwas Unausgesprochenes in der Luft liegt. Wenn Fragen nach der Vergangenheit der Eltern, nach den nicht existierenden Großeltern oder Verwandten nicht oder nur ausweichend beantwortet werden. Wenn Kinder merken, dass die Wurzeln der Familie in einem anderen Land liegen. Mit zunehmendem Alter, erfährt dann jedes Kind, dass es eine Massenvernichtung der Juden im Dritten Reich gab. Es liest darüber, sieht die schrecklichen Bilder und findet Hinweise, dass die eigene Familie davon betroffen ist.

Salomon Korn (Jahrgang 1943), ehemaliger Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, vergleicht den Holocaust mit dem Film „Alien“: „Man sieht es nie und deswegen stellt man es sich als Kind in seiner Fantasie noch schlimmer und noch grässlicher vor, als es ohnehin schon ist“. Die meisten Kinder von Überlebenden spüren eine Verantwortung, die Eltern beschützen zu müssen und fragen deswegen nicht nach. Für die Eltern ist es eine Gratwanderung, wann, was und wieviel sie erzählen sollen, ohne die Kinder zu überfordern und zu verängstigen

André Laks mit Vater
Raphael Wallfisch mit Mutter und Schwester
Thomas mit Schwester und Vater

André Laks, Philosophieprofessor aus Paris, Thomas Frankl, Galerist aus Wien und Raphael Wallfisch, Cellist aus London, haben eines gemeinsam: jeweils ein Elternteil hat Auschwitz überlebt. Die Eltern waren Künstler: Anita Lasker-Wallfisch (Cellistin im Mädchenorchester von Auschwitz und später Mitbegründerin des British Chamber Orchestra), der französisch/polnische Komponist Szymon Laks (Dirigent des Männerorchesters in Auschwitz) und der Maler Adolf Frankl (malte den Bilderzyklus „Visionen aus dem Inferno“ nach der Befreiung). Sie haben den Söhnen nicht nur ihre Geschichte, sondern auch exzellente Kunstwerke hinterlassen: ein Hoffnungsschimmer inmitten der düsteren Vergangenheit. Jeder der drei Söhne hat seinen ganz eigenen Weg gefunden, mit diesem Erbe umzugehen: vom Nicht-Loslassen-Können bis hin zur offenen Konfrontation.

Der Film DREI SÖHNE blickt durch die Augen der Nachfolge-Generation auf die Geschichte der Überlebenden. Die Zweite Generation wird die Erinnerung einmal wachhalten müssen, wenn auch der letzte Zeitzeuge verstorben ist. Keine leichte Aufgabe inmitten einer Welt, die durch Kriege und Flüchtlingskrisen ständig neue Herausforderungen bietet.

Und ganz nebenbei ist der Film auch eine Hommage an die wunderbare, lange Zeit vergessene Musik von Andrés Vater, dem Komponisten Szymon Laks.

„Die Traumata der Nachkriegsgeneration, der sogenannten Zweiten Generation, sind in den letzten Jahren stärker thematisiert worden. Mich haben aber nicht die Täterfamilien interessiert, sondern die Familien der Opfer. Ich war überrascht, dass auch in den Familien von Shoah-Überlebenden das große Schweigen herrschte – teils aus Verdrängung oder dem Wunsch, die Kinder möglichst lange vor dem Grauen zu schützen.

Der Film dokumentiert unterschiedliche Ansätze, wie die nächste Generation mit dem Erbe und der Geschichte ihrer Eltern umgeht. Ich habe versucht, einen neuen Weg einzuschlagen und mich der Vergangenheitsbewältigung über die hinterlassene Kunst und Musik der Überlebenden zu nähern. Die Kunst ermöglicht einen wesentlich empathischeren Zugang zu den einzelnen Schicksalen.

Mich hat berührt, wie stark Vertreibung und Verfolgung gerade auch bei Künstlern Spuren hinterlassen haben: hoffnungsvolle Karieren wurden zerstört, die künstlerische Kreativität erstarb. Szymon Laks hat Auschwitz überlebt und sich wieder in ein neues Leben zurückgekämpft – wie frustrierend muss es für ihn gewesen sein, dass sich niemand mehr für seine Kompositionen interessiert hat. Dass seine herrliche Musik heute wieder gehört und auf großen Festivals gespielt wird, ist eine späte Wiedergutmachung, die er selbst leider nicht mehr erleben durfte. Der Maler Adolf Frankl fand mit Hilfe der Kunst eine Möglichkeit, seine eigene Sprachlosigkeit zu überwinden und zumindest in Bildern das durchlebte Grauen zu schildern.

Heute ist die Flüchtlingskrise das beherrschende Thema, da rückt die Erinnerungskultur in den Hintergrund. Zu Unrecht, denn die Vorzeichen sind dieselben: der Fremdenhass wächst und man sucht wieder nach Schuldigen für die eigene Misere. Die Beschäftigung mit der Vergangenheit kann helfen, Fehler zu vermeiden und Strategien zu finden, mit denen man die Not der Flüchtlinge besser in den Griff bekommen kann.“

Birgit-Karin Weber

Dokumentarfilm D/A/F/GB 2017

FBW: „Prädikat besonders wertvoll“ – Begründung der Jury
Länge: 87 Minuten
FSK: ab 12 Jahre (Freigabe für Besondere Feiertage)
Sprache: Deutsch, Englisch, Französisch, Original mit dt. oder engl. Untertiteln
Buch/Regie: Birgit-Karin Weber
Kamera: Martin Schilling, Steve Schick, Birgit-Karin Weber
Schnitt: Henning Fromme, Simon Adam
Motion Graphics: Simon Adam, Moritz Weber
Sound Design: Alexander Sonntag, I/O music
Produzentin: Stefanie Greb
Produktion: Greb + Neckermann Filmproduction
Verleih: CREATIVE MOTION Unit
Musik: Szymon Laks
Mitwirkende: André Laks, Thomas Frankl, Raphael Wallfisch,Anita Lasker-Wallfisch, Teda Wellmer, Frank Harders-Wuthenow, Marcel Sztejnberg
Format: Full HD, DCP, Blu-ray

Dokumentarfilm D/A/F/GB 2017

FBW: „Prädikat besonders wertvoll“ – Begründung der Jury
Länge: 87 Minuten
FSK: ab 12 Jahre (Freigabe für Besondere Feiertage)
Sprache: Deutsch, Englisch, Französisch, Original mit dt. oder engl. Untertiteln
Buch/Regie: Birgit-Karin Weber
Kamera: Martin Schilling, Steve Enste, Birgit-Karin Weber
Schnitt: Henning Fromme, Simon Adam
Motion Graphics: Simon Adam, Moritz Weber
Sound Design: Alexander Sonntag, I/O music
Produzentin: Stefanie Greb
Produktion: Greb + Neckermann Filmproduction
Verleih: CREATIVE MOTION Unit
Musik: Szymon Laks
Mitwirkende: André Laks, Thomas Frankl, Raphael Wallfisch,Anita Lasker-Wallfisch, Teda Wellmer, Frank Harders-Wuthenow, Marcel Sztejnberg
Format: Full HD, DCP, Blu-ray

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Protagonisten

„Wir haben zu Hause nicht darüber gesprochen und ich stellte auch keine Fragen. Es war da ohne wirklich da zu sein. Es war wie ein unsichtbarer Hintergrund, nicht greifbar. Es gab Vaters Geschichte und meine. Das waren zwei verschiedene Welten und er hat nie probiert, mich in seine Welt herein zu ziehen. Für ihn war es vorbei und er wollte nicht, dass ich Teil dieser Welt bin. Was ich geerbt habe, ist nicht das Bedürfnis, mich erinnern zu können, sondern das Bedürfnis zu vergessen.“

André ist als einziges Kind des Komponisten Szymon Laks und seiner Frau Paulina 1950 in Paris geboren und aufgewachsen. Der promovierte und habilitierte Altphilologe und Philosophiehistoriker (er lehrte u.a. an der Princeton University und der Pariser Sorbonne) ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt heute in Mexico-City. Nach dem Tode seines Vaters begann er, sich um die Veröffentlichung und Übersetzung der Auschwitz-Erlebnisse von Szymon Laks „Musiques d’un autre monde“ (dt. „Musik in Auschwitz“) zu kümmern. Parallel dazu unternahm er Versuche, die Kompositionen des Vaters vor dem Vergessen zu bewahren. Die alte Pariser Wohnung seiner Eltern bewohnt inzwischen die dritte Generation Laks. Das umfangreiche Archiv von André’s Vater existiert nach wie vor im Keller.

http://www.andre-laks.placita.org/

In den späten 50er Jahren, habe ich gesehen, wie wichtig das ist, was mein Vater hier malt und ich habe deshalb nicht die Pflicht, sondern die Aufgabe aufgenommen, dass ich meinem Vater helfe, seine Werke auszustellen. Mein Bruder, der jünger ist als ich, der konnte uns leider nicht sehr viel mit den Ausstellungen helfen. Er erzählte mir den Grund: weil er als Kind zugesehen hat, wie mein Vater diese traurigen und schrecklichen Bilder gemalt hat und hat dann so einen Schock bekommen, dass er noch heute leidet.“

Thomas Frankl wurde 1934 in Preßburg/Bratislava geboren. Nach einer anfänglich sorglosen Jugend in wohlhabenden Verhältnissen, spürten er und seine Familie zunehmend die Repressionen durch die Nationalsozialisten. Der Vater Adolf Frankl wurde im Herbst 1944 verhaftet und nach Auschwitz deportiert, Thomas und seine Schwester konnten getrennt von der Mutter in Verstecken überleben. Nach der Befreiung durch die Rote Armee bemühte sich die Familie zunächst, in Bratislava wieder Fuß zu fassen, emigrierte aber 1948 nach Wien. Frankl versuchte sich in mehreren Gewerben, wanderte zwischenzeitlich in die USA aus und gründete in den 70er Jahren gemeinsam mit seiner Frau einen Textilgroßhandel in München. Nach dem Tod des Vaters engagierte sich Thomas Frankl zunehmend, Ausstellungen mit dessen Bildern zu organisieren. Von 2006 bis Ende 2017 stellte er zudem die „Visionen aus dem Inferno“ in einer eigenen Galerie (Art Forum) am Wiener Judenplatz aus. Mit Sonderausstellungen und Führungen vermittelte er dem Publikum und Schulklassen einen sehr persönlichen Einblick in das Schicksal seines Vaters. Die Galerie musste Frankl leider aus Altersgründen inzwischen schließen, die Sammlung besteht aber weiterhin.

Für seine Verdienste um den künstlerischen Nachlass des Vaters wurde Thomas Frankl 2014 in Wien der Titel „Professor“ verliehen.

http://adolf-frankl.com/start/

„Ich denke, ist es eine riesige Verantwortung für Eltern mit diesem Hintergrund zu entscheiden, ob sie überhaupt darüber sprechen wollen und wann es geeignet ist – weil es so entsetzlich und fürchterlich ist. Du willst bestimmt nicht dein Kind erschüttern. Ich denke, meine Eltern händelten es erstaunlich gut.“

Raphael Wallfisch wurde 1953 als Sohn der Cellistin Anita Lasker-Wallfisch und des Pianisten Peter Wallfisch geboren. Schon früh entdeckte er die Liebe zum Cello und zählt heute zu den führenden Cellisten der Gegenwart. Er hat weltweit mit den bekanntesten Orchstern gespielt, ist gefragt bei internationalen Festivals. Sein Repertoire reicht von Johann Sebastian Bach bis in die Gegenwart. Von der Kritik hochgelobt hat er gemeinsam mit dem Pianisten John York  u.a. die vollständigen Werke für Cello und Klavier von Ludwig van Beethoven eingespielt.

Mit großer Freude unterrichtet Raphael Wallfisch auch. Er hatte in den letzten Jahren u.a. Professuren an den Musikhochschulen in Zürich und Mainz inne.

Seit einigen Jahren interessiert er sich zunehmend für die Musik verfolgter jüdischer Künstler und unterstützt Lesungen seiner Mutter musikalisch. Er ist mit einer Violinistin verheiratet und hat drei erwachsene Kinder, alle sind ebenfalls Musiker und auch Komponisten.

http://www.raphaelwallfisch.com/

„Wir sprachen nicht darüber. Selbst wenn mich jemand gefragt hätte, du warst im KZ, wo hätte ich anfangen sollen? Wie willst du einem Kind erklären, dass du eine Tätowierung auf deinem Arm hast? Ich wollte meine Kinder nicht mit Hass auf Deutschland aufwachsen lassen. Ich finde Hass ist die verabscheuungswürdigste Sache der Welt. Es ist ein Gift, das alle rundherum und einen selbst vergiftet. Ich habe ein halbes Jahrhundert gebraucht, um aufzuhören, die Deutschen zu hassen, aber ich war erfolgreich.“

Die Zeitzeugin Anita Lasker-Wallfisch wurde 1925 als jüngste von drei Töchtern eines jüdischen Rechtsanwalts in Breslau geboren. Nach der Deportation und Ermordung der Eltern kam sie mit einer Schwester zunächst in ein Waisenhaus, wurde allerdings nach einem Fluchtversuch verhaftet und später nach Auschwitz deportiert. Da sie das Cellospielen beherrschte, gelangte sie ins Mädchenorchester und konnte überleben. Nach Kriegsende emigrierte sie nach Großbritannien und war Mitbegründerin des berühmten English Chamber Orchestras. Nach jahrelangem Schweigen veröffentlichte sie 1996  ihre Auschwitz-Erlebnisse in dem Buch „Ihr sollt die Wahrheit erben“. Seit dieser Zeit ist Anita Lasker-Wallfisch regelmäßig weltweit unterwegs, um ihre Geschichte vor allem jungen Menschen zu erzählen.

„Der einzige Weg, um das damals Geschehene wirklich zu verstehen,  ist, zu versuchen, sich mit einer einzelnen Person zu identifizieren, sich mit der Familie zu identifizieren und dieses dann millionenfach zu multiplizieren und dann sich selbst und seine eigene Familie in genau diese Situation zu denken und sich dann zu fragen warum – und Gott bewahre, sollte es ein nächstes Mal geben – warum sollte es nicht mich treffen?“

Rede von Anita Lasker-Wallfisch zur Gedenkstunde an die Opfer des Holocaust am 31. Januar 2018 im Bundestag

„Kennen gelernt habe ich André Laks durch Zufall, wir haben die gleiche Freundin, es ist eine Jugendfreundin von mir und eine Kollegin von ihm. Und dann hörte ich erst mal von seinem Schicksal. Und auch, dass seine Mutter gesagt hätte, diese Musik und auch die Erinnerungen ihres Mannes würde sie gerne mal in Deutschland zu Gehör bringen. Und da habe ich gedacht, eigentlich ist das richtig. Man muss sowas versuchen, denn das sind ja nicht alles Nummern gewesen, die da in den Lagern waren, sondern Menschen mit Begabungen, Nöten und so weiter. Also habe ich ihm gesagt, ich versuche es.“

Teda Wellmer gründete 1996 die Kulturinitiative „Frauen für Lemgo“, die hauptsächlich kulturelle Projekte innerhalb der Stadt unterstützt. Durch Zufall lernte sie in den 90er Jahren den Sohn des Komponisten Szymon Laks kennen. Seitdem macht sie sich für das musikalische und literarische Werk des Künstlers stark. Dank Wellmers Intervention konnte das Buch von Laks „Musik in Auschwitz“ 1998 erstmals in Deutschland erscheinen. Zudem organisierte sie 1994 das erste Konzert mit der Uraufführung von Laks‘ Symphonie für Streicher  in Deutschland. Ihre Schwester, die verstorbene Schauspielerin Witta Pohl, las dazu aus Laks Erinnerungen. Weitere Veranstaltungen und Konzerte folgten. Für ihre Bemühungen erhielt Teda Wellmer neben zahlreichen Auszeichnungen auch das Bundesverdienstkreuz.

http://www.nw.de/nachrichten/kultur/sterne_des_jahres/10514652_Frauen-fuer-Lemgo.html

„Musik ist etwas Lebendiges und im besten Fall auch etwas Schönes, was einen sowohl geistig als auch emotional anspricht. Und es ist eine vollkommen andere Qualität der Auseinandersetzung, die ich erreichen kann, wenn ich einem Menschen von der Tragik erzähle, wenn es sich mit etwas Schönem verbindet. Sagen wir es mal ganz naiv, wenn Leute heute die Cellosonate von Laks hören, sind sie zunächst erstmal begeistert, weil es phantastische Musik ist – sie ist auf dem höchsten Niveau, sie kann mit allem mithalten, was in der Zeit komponiert wurde, in den 30er Jahren – und ich erreiche eine Unmittelbarkeit bei den Menschen, die bei der Beschäftigung mit der Holocaust-Thematik, die dahintersteht, vielleicht erleichtert.“

Frank Harders-Wuthenow, 1962 in Wiesbaden geboren, studierte Musikwissenschaft, Philosophie und Romanistik. Daran schloss sich ein Musikstudium in Komposition und Theorie an. Seit 1997 arbeitet Harders für den Musikverlag Boosey&Hawkes (Niederlassung Berlin). Parallel dazu ist er Mitbegründer des Labels eda-records, dessen Schwerpunkt die Musik von Komponisten des 20. Jahrhunderts bildet, die durch Faschismus oder Leninismus verfolgt wurden. 2006 war er Mitbegründer der Europäischen Plattform für im Nationalsozialismus verfolgter Musiker. Unter Harders Regie entstanden zahlreiche Veröffentlichungen, Ausstellungen und Rundfunkproduktionen zum Thema „Verfemte Musik“. Für sein Engagement wurde er mehrfach in Deutschland und Polen ausgezeichnet.

https://www.rbb24.de/kultur/beitrag/2017/08/berliner-musiklabels-eda-records.html

„Ich hatte das Glück, zu überleben weil ich im Internierungslager an einer ansteckenden Krankheit litt und deshalb nach Paris ins Krankenhaus gebracht wurde. Eine Tante konnte mich mit einer gefälschten Genehmigung dort herausholen und versteckte mich über zwei Jahre bei Bauern in Nordfrankreich. Ich habe in Israel im Yad Vashem einen Baum zur Erinnerung an den Convoi No. 6, mit dem mein Vater nach Auschwitz deportiert wurde, gepflanzt.“

Die Familie von Marcel Sztejnberg ist während des Zweiten Weltkrieges von den Nazis ermordet worden. Sein Vater wurde im selben Transport (Convoi No. 6) wie Szymon Laks nach Auschwitz gebracht. Marcel ist Mitbegründer der „Association Mémoires du convoi no.6“. In einer Publikation dieser Gesellschaft sind alle 928 Männer, Frauen und Kinder aufgelistet, die am 17. Juli 1942 im sechsten von insgesamt fast 80  Zügen von Pithiviers nach Auschwitz deportiert wurden. Marcel forscht zum Thema Deportation, organisiert Veranstaltungen und betreut die Überlebenden und Hinterbliebenen.

http://www.convoi6.org/public/

Team

Birgit-Karin Weber

„Mit Auschwitz ging es mir wie als Kind mit den Dinosauriern im Museum: man meint, man kennt die Bilder, die Geschichte – und dann steht man vor Ort und ist vollkommen überwältigt von der tatsächlichen Größe. In Auschwitz wandert der Blick bis zum Horizont und dahinter geht das Lager immer noch weiter. Man spürt das feuchte Klima, den Matsch, die Kälte, die unwirtliche Gegend, sieht die Reste der Gebäude, die Bilder in den Ausstellungen … und bekommt zumindest eine Ahnung davon, was die Menschen hier Unvorstellbares erlitten haben müssen.“

1962 in Wiesbaden geboren, studierte Birgit-Karin Weber Kunstgeschichte und Architektur und arbeitete zunächst als Architektin. Ende der 90er Jahre holte sie die Liebe zum Film ein. Es folgten zwölf Jahre beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen (ZDF und 3sat). Neben Beiträgen und Reportagen für unterschiedliche Formate entdeckte sie schnell das Portrait für sich: was treibt Menschen an, was fasziniert sie, wie gestalten sie ihr Leben, wie gehen sie mit Brüchen um? Die Realität ist oft spannender als ein Spielfilm. Seit 2013 arbeitet sie als freie Regisseurin und produziert Dokumentarfilme für das Kino und Imagefilme.

Sie ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und lebt in Wiesbaden und Schleswig-Holstein.

Filmografie (eine Auswahl)

2002 – Der Erfinder – Porträt des Sonnenuhrbauers Carlo Heller, Dokumentation, 3sat
2003 – Der Haushüter – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, Dokumentation, 3sat
2004 – Trip zu Trittin, Reportage
2005 – Marionetten für Straßenkinder, Dokumentation über Nicaragua, Alle-Welt-Kino und ZDF
2010 – Keine Angst vor G8, Dokumentation
2011 – Zerbrechen geht nicht – wenn Pflege arm macht, Reportage, 3sat
2013 – Aron und die Liebe zur Oper, Dokumentarfilm 90 Min., Kinostart März 2014, Filmverleih Déjà-vu film UG Hamburg

Stefanie Greb

„Ein neuer Blickwinkel auf das Thema Holocaust, wunderbare Protagonisten und die Wiederentdeckung eines sehr berührenden Komponisten, diese drei Dinge überzeugten mich sofort an der Idee von Birgit-Karin Weber einen Film über das Schicksal der zweiten Generation zu machen.“

Stefanie Greb, geboren 1973 in Frankfurt/Main, arbeitet als Produzentin, Regisseurin und Autorin. Während ihres Studiums zur Diplom-Mediengestalterin mit dem Schwerpunkt Film gründete sie 1997 gemeinsam mit Arndt Neckermann in Wiesbaden die Greb + Neckermann Filmproduction. Neben vielen preisgekrönten Werbefilmproduktionen und Wirtschaftsfilmen für große Industrieunternehmen hat sich Stefanie Greb seit über 20 Jahren auf die Herstellung hochkarätiger Film- und Fernsehproduktionen von sozialen und gesellschaftspolitischen Themen spezialisiert.

Filmografie (eine Auswahl)

2007 – „Truck Stop Grill“ – Kurz-Spielfilm (Prädikat Besonders Wertvoll)
2008 – „Be who you want to be“ – Kinospot (Lufthansa)
2010 – „Für eine Handvoll Fische“ – Reportage (hr/SWR) | „Zwischen Himmel und Erde“ – Dokumentation (SWR)
2011 – „Ein Pilot unter Hochspannung“ – Reportage (SWR)
2012 – „Wir machen Profis“ – Kinospot (Medienakademie Wiesbaden) | „Comeback der Super Star“ – Dokumentation (ZDF/3sat)
2013 – „Auf der Straße zu Hause – Jung, obdachlos und wenig Hoffnung“ – Reportage (SWR) | „Ich hab’s geschafft! – Erfolgreiche Migrantinnen“ – Kurzfilm (Stadt Wiesbaden)
2015 – „Der 10.000-Meilen-Mannt“ – Reportage (SWR) | „Ich gehe alleine weiter!“ Kinospot (Bärenherz)
2017 – „Wir wollen Dich“ – Kurzfilm (Stadt Wiesbaden)

Greb + Neckermann

Die Unternehmensgruppe Greb + Neckermann beschäftigt sich mit der Konzeption und Realisation von Film- und Medienprojekten. Den zentralen Kern bildet eine Film- und Werbe-Produktionsgesellschaft, die für etablierte Fernsehsender und bekannte, internationale Wirtschaftsunternehmen, wie beispielsweise die ARD, ZDF, Deutsche Lufthansa Group, tätig ist. Von Dokumentationen über Reportagen bis hin zu aufwändigen Werbefilmproduktionen entstehen hier erfolgreiche Kreativkonzepte, visuelle Medienprojekte und Kommunikationslösungen für Wirtschaft, Industrie und Kultur.

Die Inhaber Stefanie Greb und Arndt Neckermann sind als Produzenten, Autoren und Regisseure die Ideen- und Impulsgeber in ihrem kreativen Umfeld. Sie haben unter anderem den etablierten Wiesbadener Medienstandort FABRIKATION geschaffen und die Medienakademie Wiesbaden ins Leben gerufen.

www.grenecfilm.de

Henning Fromme

Mediengestalter Bild und Ton, ist auf den Film- und Videoschnitt am AVID Media Composer spezialisiert. Er ist verantwortlich für die digitale Bildgestaltung und Postproduktion innerhalb der FABRIKATION.

Simon Adam und Moritz Weber

„Zitat folgt“

Text folgt

saltfactory media

 

Martin Schilling

„Dokumentationen und Reportagen, Industriefilme, Imagefilme und Zeitrafferaufnahmen spiegeln das Spektrum wieder, in dem ich mich bewege: Immer ein offenes Auge und fasziniert von den konzentrierten Einblicken, die wir durch die Arbeit mit unserer Kamera erhalten: Die Arbeit, das Leben, die Menschen.“

Martin Schilling studierte Grafik-Design und anschließen noch Mediendesign in Mainz. Neben der Leidenschaft für Typografie und Illustration ist die Arbeit mit der Kamera schon immer eine Herzensangelegenheit für ihn.

Seit 1998 arbeitet Schilling als freiberuflicher Kameramann: Sehr flexibel, sehr optimistisch, sehr interessiert. Und mit Leidenschaft dabei, unabhängig, ob es die großen Projekte oder die kleinen Filme sind.

CREATIVE MOTION Unit

CREATIVE MOTION Unit GmbH, Bestandteil der Greb + Neckermann COMPANY, ist seit rund 30 Jahren eines der größten und renommiertesten Produktionshäuser der Medienstadt Wiesbaden und professionelle Anlaufstelle für die Bearbeitung von audiovisuellen Medien. Das Angebot reicht vom Film- und Videoschnitt bis hin zur kompletten, sendetauglichen Endfertigung von TV-Produktionen, Dokumentationen, Reportagen, Trailern, Spots, Werbe- und Kinofilmen. Das beinhaltet die Konzeptentwicklung mit umfassender Projektentwicklung und schließt alle Leistungen der anspruchsvollen Filmmontage, 3D-Animation, Motion Graphics sowie Color Grading bis hin zu professioneller Tonbearbeitung im hauseigenen Studio ein.

Das Geschäftsfeld Film- und Kinoverleih konzentriert sich vorwiegend auf die Vermarktung von gesellschaftspolitischen Stoffen mit herausragenden Erzählstrukturen.

www.creative-motion.de

Filmmusik

Szymon Laks

Ein Bild im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: ein intelligentes, freundliches und liebenswertes Gesicht. Ein Gesicht, das einlädt, den Artikel zu lesen. Es geht um Menschlichkeit, ihren Verlust und die große Schaffenskraft eines Komponisten, der das Unvorstellbare erlebt hat und dennoch eine größtenteils fröhliche Musik komponieren konnte. Eine vergessene Musik, die jetzt wieder entdeckt und gespielt wird - eine, wenn auch späte, Wiedergutmachung. In seiner Oper „Die unerwartete Schwalbe“ („L’Hirondell Inattendue“. 1965) erinnert Laks an die Kraft der Musik, die Menschen vereinen zu können. Wie kann jemand nach Auschwitz noch an das Gute im Menschen glauben?

Über die Beschäftigung mit der Musik kommt automatisch die Beschäftigung mit der Geschichte von Szymon Laks. Und spätestens dann hört man das Werk noch einmal mit ganz anderen Ohren: die Brüche, die Momente der abgrundtiefen Traurigkeit, der Verzweiflung, des Ersterbens und dann wieder Hoffnung, Verspieltheit und Momente der völligen Seligkeit. Laks ist ein enorm vielseitiger Komponist und zu jeder Stimmungslage des Films findet sich in seinem Werk eine entsprechende Stelle.

Durch seine Musik ist Szymon Laks als Person im Film präsent.

„Als ich als freier Mensch nach Hause kam, stellten mir Freunde und Bekannte oft die typische und fast aufdringliche Frage: “Wie kam es, dass es dir gelang, Auschwitz zu überleben?“ Ich antworte dann: „Ich weiß nicht, wie es dazu kam. Ich denke, dass, wenn einige wenige Überlebende zurückgekehrt sind, dann muss es doch welche von ihnen geben – und ich bin eben einer von denen. Das ist alles. Ich habe keine andere Erklärung dafür. Nur einmal antwortete ich anders, und zwar als mir eine Dame mit fordernder Stimme die Frage stellte: „So viele Menschen sind umgebracht worden, und Sie haben überlebt. Wie haben Sie das bloß gemacht?“ Ich errötete, wurde plötzlich von Schuldgefühlen heimgesucht und antwortete hastig und zugegebener Maßen ein wenig ostentativ: „Ich bitte Sie vielmals um Entschuldigung … ich habe es nicht absichtlich getan…“.

Szymon Laks wurde 1901 in Warschau geboren. Zuerst studierte er Mathematik, später Musik. Während des Studiums wechselte er 1926 nach Paris. Dort schloss er sich der Association des Jeunes Musiciens Polonais an und feierte erste Erfolge mit seinen Kompositionen. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich als Musiklehrer, Kaffeeehausgeiger und Stummfilmbegleiter. Er komponierte Filmmusik und spielte als Geiger Unterhaltungsmusik auf Ozeandampfern. Nach der Besetzung Frankreichs wurde er 1941 interniert und im Jahr darauf nach Auschwitz II-Birkenau deportiert. Dort konnte er aufgrund seiner musikalischen Begabung zunächst als Geiger, später dann als Leiter des Lagerorchesters überleben. Kurz vor Kriegsende wurde er nach Dachau verlegt. Nach der Befreiung lebte er bis zu seinem Tod 1983 wieder in Paris. An die Erfolge der Vorkriegszeit konnte er nur phasenweise anknüpfen. Zum einen hatte er gesundheitliche Probleme, zum anderen war es für ihn sehr schwierig, den musikalischen Anschluss zu behalten. Laks litt sehr darunter, dass seine Kompositionen nicht zur Aufführung gebracht wurden. Ende der 60er Jahre widmete er sich ausschließlich seinen literarischen Werken und stellte das Komponieren weitestgehend ein. Über seine Auschwitz-Erlebnisse schrieb er 1948 das Buch „Musique d’un autre Monde“, das inzwischen in viele Sprachen übersetzt wurde.

Szymon Laks über die Rolle der Musik in den Konzentrationslagern

Zum Buch Szymon Laks „Musik in Auschwitz“

Simon Laks gehörte der Gruppe polnischer Komponisten an, die seit der Zeit zwischen den Weltkriegen in Paris lebten und einander in der Association des jeunes musiciens polonais (Vereinigung junger polnischer Musiker) verbunden waren. Ein Teil des musikalischen Oeuvres von Simon Laks wurde im Krieg vernichtet; danach komponierte er wenig, und sein Stil, der sich unter dem Einfluss des musikalischen Neoklassizismus der Vorkriegsjahre herausgebildet hatte, erfuhr keine größeren Veränderungen. Der Komponist, der im Zentrum der internationalen Musikwelt lebte und unmittelbar auf ihre Ereignisse reagiert hatte, wandte sich in der Folge von der musikalischen Avantgarde, deren Zeitgenosse er war, ab. Sein Werk entwickelte sich unabhängig von den vorherrschenden stilistischen Wandlungen und stand in seiner ästhetischen Inspiration bis zum Ende der École de Paris (Pariser Schule) nahe, mit ihrer Achtung für das musikalische Handwerk und ihrer Anerkennung der autonomen Rechte der Musiker. Die individuellen Charakteristika zeigen sich zweifellos am klarsten im Lyrismus der Vokalkompositionen, die einen bedeutenden Teil seines musikalischen Schaffens ausmachen.

Nach dem Krieg ließ sich Simon Laks erneut in Paris nieder, von wo er allerdings einen beständigen Kontakt mit Polen unterhielt, vor allem in den ersten Nachkriegsjahren. 1949 wurde seine Ballade für Klavier mit dem 2. Kompositionspreis beim Chopin-Wettbewerb ausgezeichnet. Im selben Jahr, erhielt er den 3. Preis beim Wettbewerb für Vokalkompositionen auf Texte von Adam Mickiewicz für das Lied De pures larmes me sont coulées… Aus der Zeit nach dem Krieg datieren die folgenden Instrumental- und Vokalwerke (Auswahl):

– Huit chants populaires juifs (1947)
– Poème für Violine und Orchester (1954)
– Elégie pour les villages juifs (1961)
– Streichquartette Nr.4 (1962, Grand Prix de la Reine Elisabeth 1965) und Nr.5 (1963)
– Concerto da Camera für Klavier und 9 Blasinstrumente (1963, Großer Preis beim Wettbewerb von Divonne les Bains 1964)
– Symphonie für Streicher (1964)
– Concertino für Trio d’anches (1965)
– Divertimento für Flöte, Violine, Violoncello und Klavier (1966)

Man findet im Schaffen von Laks viele Gemeinsamkeiten mit der Musik anderer Komponisten des Pariser Kreises, insbesondere Michael Spisak und Antonin Szalowski. Die charakteristischen Züge des Neoklassizismus prägen sich bei Simon Laks in der Verwendung barocker und klassischer Gattungstypen aus, in denen die traditionellen Prinzipien formaler Konstruktion und des Instrumentalsatzes sich mit den Mitteln der tonalen Harmonik verbinden.

Laks’ Instrumentalwerke sind durch eine technische Perfektion gekennzeichnet, wie sie für die École de Paris typisch ist, mit Formkonstruktion, einem Sinn für Proportionen, einer meisterhaften polyphonen Technik, rhythmischer Reinheit und einem schlichten und äußerst klaren Satz. Zyklische Formen (Sonate, Suite) dominieren, meist auf eine kammermusikalische Besetzung zugeschnitten. Auch typisch polnische Elemente fehlen hier nicht, wie in der Suite polonaise für Violine und Klavier (1935) oder im Streichquartett Nr.3, nicht zu reden von den zahlreichen Volksliedbearbeitungen für Chor (Echos de Pologne) und für Odeon-Orchester (Orchestrion) (De chaumière en chaumière).

© Zofia Helman (Übersetzung Jens Luckwaldt)

Der Komponist Simon Laks (1901-1983) von Frank Harders-Wuthenow (PDF)

Der Komponist Simon Laks (1901-1983) von Frank Harders-Wuthenow (MP3)

„SINFONIETTA“ (1936)
Kammersymphonie Berlin, Jürgen Bruns (Dirigent)
eda records, EDA 26 ©2006

„SUITE POLONAISE“ (1935)
Judith Ingolfsson (Violine), Vladimir Stoupel (Klavier)
eda records, EDA 34 ©2010

„TROIS PIÈCES DE CONCERT“ (1932)
Judith Ingolfsson (Violine), Vladimir Stoupel (Klavier)
eda records, EDA 34 ©2010

“SONATE POUR VILONCELLE ET PIANO” (1932)
Raphael Wallfisch (Cello), John York (Klavier) Nimbus
NI 5862 ©2010

„STREICHQUARTETT NO. 3 SUR DES MOTIFS POPULAIRES POLONAIS” (1945)
Szymanowski Quartet Andrej Bielow (Violinbe), Grzegorz Kotów (Violine), Vladimir Mykytka (Viola), Marcin Sieniawski (Cello)
Avi-8553158 © 2009

„SYMPHONIE POUR CORDES“ (1964)
Warsaw Philharmonic Chamber Orchestra, Krzysztof Stowi´nski (Dirigent)
DUX 0737 © 2012

“DIALOGUE POUR DEUX VIOLONCELLES” (1964)
Stephan Heber (Cello), Monique Bartels (Cello)
FutureClassicsMusik © 2012

„HUIT CHANTS POPULAIRES JUIFS“ (1945)
NR. 7 “DI ALTE KASHE (L’ÉTERNEL PROBLÈME)“ Valéry Suty (Sopran), Vladimir Stoupel (Klavier)
eda records, EDA 30 © 2007

„BLUES“
Marcel Worms (Klavier)
FutureClassicsMusik © 2012

„DIVERTIMENTO“ (1966)
Silvia Careddu (Flöte), Ib Hausmann (Klarinette), Frank Forst (Bass), Gernot Süßmuth (Violine), Stefan Fehlandt (Viola),
Hans-Jakob Eschenburg (Cello), Frank-Immo Zichner (Klavier)
eda records, EDA 37 © 2013

OPÉRA „L’HIRONDELLE INATTENDUE“ (1965)
Libretto Henri Lemarchand Polish Radio Symphony Orchestra Warsaw, Lukasz Borowicz (Dirigent)
eda records, EDA 35 © 2011

“BALLADE HOMMAGE À CHOPIN (1949)
Vladimir Stoupel (Klavier)
eda records, EDA 34 ©2010

FILMMUSIK KOMPONIERT VON SZYMON LAKS (Beispiel)

Alle Musikbeispiele mit freundlicher Genehmigung von BOOSEY & HAWKES und EDA RECORDS

Gemälde

Adolf Frankl

Die Erinnerung an die schrecklichen Erlebnisse während seiner Zeit in Auschwitz haben den Maler Adolf Frankl Zeit seines Lebens nicht mehr losgelassen. Da ihm das Sprechen darüber schwer fiel, waren Malen und Zeichnen seine Versuche, das Erlebte zu verarbeiten. Seine Worte und Gedanken finden ihren Ausdruck in der Serie „Visionen aus dem Inferno“. Die Bildersammlung steht unter der Schirmherrschaft des UN Hochkommissars für Menschenrechte. Sie wurde weltweit in vielen Ausstellungen gezeigt, u.a. 1994 im Reichstagsgebäude in Berlin, unter der Schirmherrschaft des damaligen Bundespräsidenten Dr. Richard von Weizsäcker und der Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süssmuth.

„Mit meinen Werken habe ich allen Völkern dieser Welt ein Mahnmal gesetzt. Es soll niemandem, egal welcher Religion, Rasse oder politischen Anschauung, dieses – oder Ähnliches – widerfahren!“

Adolf Frankl wurde 1903 in Preßburg (heute Bratislava) geboren. Nach dem Abitur studierte er Kunst und Malerei in Bratislava, anschließend mehrere Semester an der Technischen Hochschule in Brünn. Nebenher arbeitete er als Karikaturist und Zeichner von Werbeplakaten. 1921 trat er in das Raumausstattungsunternehmen des Vaters ein. Im Zuge der Arisierung wurde das Geschäft 1941 enteignet, die Familie litt zunehmend unter der Diskriminierung. Die Verhaftung der gesamten Familie erfolgte im September 1944, Frankl wurde zunächst in das Lager Sered später dann nach Auschwitz deportiert. Frankls Frau und die Kinder konnten getrennt voneinander in Verstecken überleben. Nach dem Todesmarsch von Auschwitz in das KZ Althammer wurde Adolf Frankl dort Ende Januar von der Roten Armee befreit. Erst drei Monate später konnte er seine Familie in Bratislava wiederfinden. Adolf Frankl gelang der Wiederaufbau seines Unternehmens, jedoch wurde es 1949 durch das kommunistische Regime verstaatlicht. Nach dieser zweiten Enteignung emigrierte die Familie nach Wien. Dort widmete er sich ausschließlich seiner künstlerischen Tätigkeit. Später folgte er seinem Sohn Thomas nach New York, in den 60er Jahren auch nach Deutschland. Frankl malte bis in die späten 70er Jahre hinein. Die ersten Ausstellungen erlebt er noch, bevor er 1983 in Wien starb.

Wie ich meine Visionen auf die Leinwand bringe:

„In einer Wutfreude schaffe ich Farbflecke, die meistens unbewusst eine Harmonie – oder das Gegenteil – bilden. Nach einigen Stunden muss ich mich hinlegen, denn ich bin wie zerschlagen. Ich schlafe ein wenig, danach rauche ich eine Zigarette und denke an das Vergangene, an die Jugend, an die Frauen und auch an die schrecklichen Bilder des Lagers. Die Geister kriechen langsam aus der Finsternis hervor. Es wird unerträglich. Ich laufe ins Kaffeehaus, hinter mir fühle ich das Bild, welches – unvollendet – mir die Weiterarbeit befiehlt.

Aus einem Vortrag von Prof. Dr. Willibald Sauerländer, Kunsthistoriker, München 1995

Der oft zitierte, heute vielleicht schon wieder halb vergessene Satz Adornos „Nach Auschwitz könne man kein Gedicht mehr schreiben“ – verweist auf eine tödliche Grenze aller vertrauten ästhetischen Erfahrung. Angesichts der millionenfachen fabrikmäßigen Tötung von Menschen … sind die Poesie wie die Kunst zum Schweigen verdammt. Kein Klagelied der Dichtung, so meinte Adorno, könne den Tod in den Gaskammern erreichen. …

Und damit bin ich bei den Bildern von Adolf Frankl und bei der Schwierigkeit, mich zu ihnen als professioneller Kunsthistoriker zu äußern …

Adolf Frankls Bilder und Zeichnungen, geschaffen, nachdem er dem Grauen von Auschwitz-Birkenau physisch entkommen war, aber in seinen Träumen und Erinnerungen weiter von ihm gepeinigt wurde, sind dagegen Innenansichten der Todesangst und der völligen, totalen Wehrlosigkeit. Man verharmlost sie bereits, wenn man etwa sagt: sie seien erschütternd. Nein, eigentlich machen sie nur sprachlos, lösen ein sprachloses Entsetzen aus. Was sie zeigen, das liegt so weit jenseits aller uns vertrauten Erfahrung, dass man sie mit unserer gewohnten Sprache gar nicht beschreiben kann ohne sie zu trivialisieren. Da wären wir dann doch wieder bei Adornos eingangs zitiertem Satz.

Lassen Sie mich trotzdem versuchen, umschreibend etwas über die spezifische Physiognomie dieser Bilder zu sagen … So sind die meisten Bilder Darstellungen ohne jede räumliche Distanz. Die kleinen, kraftlosen Figuren, die zerstörten, von der Angst zerfressenen Gesichter tauchen wie aus dem Unbestimmten, aus dem Nichts auf den Bildern auf. Sie sind weder nah noch fern – sondern nur auf eine traumatische Weise unverdrängbar anwesend … Um mehr zu verstehen, müssen wir Adolf Frankl selbst sprechen lassen: „Dann rauche ich und denke an die schrecklichen Bilder. Die Geister kriechen hervor aus der Finsternis – es wird unerträglich!“ Ich möchte auf eine zweite Besonderheit dieser Bilder aufmerksam machen. Diese Darstellungen erinnern an ein ungeheuerliches Geschehen, aber nie entfalten sie die Kraft zum Pathos.

Jene Pathosformeln, mit denen unsere Kunst – die Kunst, die nicht dem Trauma der Lager entstammt – seit den Griechen den schreienden, sportlichen, kämpfenden, heroischen Menschen dargestellt hatte, diese Pathosformeln sind auf den Bildern Adolf Frankls nirgends zu finden. Auf ihnen sieht man eine Gestik ganz anderer Art. Als deren Signatur mag man die kraftlos hängenden Arme bezeichnen, die Gebärde der Wehrlosen, der absoluten Opfer, die sich nicht einmal mehr aufbäumen können. Man sieht diese hängenden Arme überall: auf den Bildern von den Apellen, dem Prügeln, den medizinischen Versuchen, der Latrine. …

Lassen Sie mich auf eine dritte, vielleicht die empfindlichste Eigenart von Frankls Bildern eingehen: die Gesichter der Opfer. Es gibt viele Bilder, welche nichts als die Gesichter der Todgeweihten zeigen: bei der Deportation, beim Einwaggonieren, am Sonntag in der Baracke, beim Füttern, beim Hungern und Sterben. … Auf den Gesichtern, die Adolf Frankls Bilder zeigen, spiegeln sich keine Leidenschaften mehr. Die Augen treten aus ihren Höhlen, die Mimik zerfällt, alle scheinen transparent zum Tode hin. Solche Gesichter gibt es nicht in der Kunst außerhalb der Lager – nicht einmal bei Goya, bei Ensor oder Munch. Noch der Ausdruck des Wahnsinns ist ein aktiver Zustand gemessen an diesem Erlöschen der Pathognomik in der totalen Hoffnungslosigkeit. Adolf Frankl selbst hat von solchen Gesichtern gesprochen: „Diese Augen, ich kann es nicht vergessen, sein Gesicht war klein und voller Todesangst im Blick.“

Unter den Physiognomien, die man auf Adolf Frankls Bildern sieht, gibt es ein einziges Betongesicht, eine einzige Visage scheinbar heroischer Entschlossenheit: Es ist das Antlitz Adolf Eichmanns.

Aber die einzelnen Teile dieses Antlitzes werden in einer an den rudolfinischen Maler Arcimboldo erinnernden Weise von den abgemagerten Leichen aus den Lagern gebildet. Mund, Augen, Ohren, Nase. Unter der Schirmmütze mit dem Hoheitsadler und der Silberkordel starrt die Physiognomie der Endlösung hervor.

Betrachtet man die Maltechnik und die Farben der Bilder Adolf Frankls, so sind Anregungen durch den Wiener Expressionismus, die früheren Werke Oskar Kokoschkas unverkennbar. In diesen Wiener Bildern der Zeit um 1910 gärte eine ungeheuere Nervosität, ein antinaturalistisches Verlangen nach hypertrophem oder abgründigem Ausdruck. Aber bei Kokoschka und selbst bei dem noch exzessiveren Schiele blieb das alles an ästhetische Absichten gebunden. Auf Frankls Bildern ändern diese expressiven Techniken ihren Sinn. Die Malweise, das Arbeiten mit Pinsel und Spachtel, wirkt scheinbar inkohärent, ja chaotisch, aber gerade dadurch vermag sie es, das Unvorstellbare, die Auflösung aller Humanität und Sitte in der Welt des Lagers in Erinnerung zu rufen. Die Farben können laut sein – Rot, Gelb, Grün – ungeheuer dicht decken sie die Bilder zu. Sind sie harmonisch oder disharmonisch? Das sind ästhetische Fragen, die am Wesen dieser traumatischen visuellen Erinnerungen vorbeigehen. Eigenartig ist das Verhältnis von Farben, Figuren und Gesichtern. Sie kommen nicht zur Deckung. Die Farben überlagern, zerteilen, verschmutzen, verklecksen die todestransparenten Gesichter. Jegliche farbliche Ordnung würde eine Versöhnung stiften, die hier keinen Raum heben kann. Diesem dichten Chaos von Farben können die gepeinigten, geprügelten, am Stacheldraht verendenden Opfer nicht entrinnen. Keine der gewohnten ästhetischen Kategorien greift hier, sondern droht nur zu verklären, was in seiner ganzen Entsetzlichkeit sichtbar bleiben muss. …

So kann auch am Ende keines unserer Worte die Bilder Adolf Frankls erreichen, weil wir die Erfahrung des Lagers nicht teilen. Ich habe einiges, vielleicht schon zuviel gesagt. Denn eigentlich kann man zu diesen Bildern nur schweigen, schweigen in einer Scham, die uns – den anderen, den Nicht-Opfern – nie abgenommen werden wird.

„SELBSTBILDNIS“ Werknummer ÖH 217 (um 1957)

„Also mein Lieblingsbild ist das Selbstporträt meines Vaters, im Stil von van Gogh gemalt. Es gefällt mir und außerdem habe ich, erst später, bemerkt, dass wo immer ich hingehe, begleiten mich die Augen  von meinem Vater. Egal ob ich rechts gehe oder links, ich spüre, dass er mir nachschaut. (Thomas Frankl)

„ERSTER APPELL – DIE GEISTER DER VERSTORBENEN SEHEN ZU“ Werknummer ÖH 427 (um 1967)

Wie die Bilder auf mich wirken? Erschütternd, qualvoll, man ist fassungslos. Man kennt solche Bilder ja, aber wenn man sie so sieht von jemand, der das wirklich so gesehen hat, da ist die Distanz noch geringer als wenn man es im Fernsehen sieht. Ich stelle mir das dann immer vor, man findet einfach keine Worte.“ (Galerie-Besucherin)       

„MEINE GELIEBTE HEIMATSTADT BRATISLAVA-PRESSBURG“ Werknummer ÖH 002 (um 1959)

In diesem Gemälde stelle ich die tragische Geschichte der jüdischen Bevölkerung während des Holocausts in meiner geliebten Heimatstadt, verbunden mit Szenen aus der Bibel, dar. (Adolf Frankl)

„VISIONEN AUS DEM INFERNO“ Werknummer ÖH 219 (um 1959)

In diesem Bild wollte ich den Ursprung der Menschheit, unsere Qual, unser Leid und unsere Hilflosigkeit durch die Mutter in der Spirale darstellen.

Ich sah im Lager eine sterbende Mutter, die mit letzter Bewegung ihr Kind zu schützen versuchte. Es gab viele ausgemergelte Leichen von Menschen, die durch Schwäche, Erwürgen, Vergasen, Erschießen oder Selbstmord ums Leben kamen. (Adolf Frankl)

„SELEKTION BEI MUSIK“ Werknummer ÖH 109 (um 1967)

Während der Selektion der zur Vernichtung bestimmten Häftlinge befahl man einer Musikkapelle, fröhliche Lieder zu spielen. (Adolf Frankl)

Aber die Reaktionen waren sehr verschiedentlich. Manche Leute haben gemeint, ach hier ist Musik, kann nicht so schlimm sein, für andere Leute war es, wenn sie Musik gehört haben, dann konnten sie sich in eine normale Welt phantasieren. Und dann gab es Leute, die es furchtbar beleidigt hat – ich kann im Grunde eigentlich alles verstehen. (Anita Lasker-Wallfisch)

„EVAKUIERUNG VON BIRKENAU – TODESMARSCH 18. JANUAR 1945“ Werknummer ÖH 209 (um 1965)

Am 18. Januar 1945 wurde das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau evakuiert. Ohne Rücksicht auf unseren Gesundheitszustand, bei bitterer Kälte und nur unzureichend bekleidet, wurden rund zweitausend Häftlinge auf den Marsch in Richtung Gleiwitz geschickt. Wachposten begleiteten uns mit Maschinengewehren und Schäferhunden. Wer die Notdurft verrichten wollte, musste dem Trupp vorauslaufen und sich danach rasch wieder einreihen. Viele der Häftlinge haben den Marsch nicht ausgehalten. Wenn jemand vom Trupp zurückblieb, wurde er von den Wachposten als so genannter „Störer“ oder „Verzögerer“ sofort erschossen. Nur durch ein Wunder überlebte ich diesen Todesmarsch. Zwanzig kranke Häftlinge, darunter auch ich, wurden aussortiert und blieben bewacht zurück. (Adolf Frankl)

„TOTENTANZ (HINTER DRAHT)“ Werknummer ÖH 124 (um 1965)

Die Musik hatte in jedem KZ natürlich eine andere Funktion. In Auschwitz ist das Musikmachen überhaupt nicht mit Theresienstadt zu vergleichen. Es war ein Mittel zum Zweck, um das Lagerleben zu organisieren. Man brachte die Sträflinge durch Musik in Gleichschritt. Morgens beim Rausmarschieren und abends beim Zurückkommen. Ein zynisches Instrument der Nazi-Lagerkommandantur im wahrsten Sinne des Wortes. (Frank Harders-Wuthenow)

„IM STACHELDRAHT“ Werknummer ÖH 138 (um 1951)

Diesem dichten Chaos von Farben können die gepeinigten, geprügelten, am Stacheldraht verendenden Opfer nicht entrinnen. Keine der gewohnten ästhetischen Kategorien greift hier, sondern droht nur zu verklären, was in seiner ganzen Entsetzlichkeit sichtbar bleiben muss. (Prof. Dr. Willibald Sauerländer, Kunsthistoriker)

 „SELEKTION IN BIRKENAU“ Werknummer ÖH 133 (um 1959)

In diesem Bild ist mein Schwiegervater Oskar Nachmias in der zweiten Reihe außen links mit grünem Antlitz zu sehen. Eines Tages fand ich ihn im Lager wieder. Kurz vor der Befreiung erkrankte er an Lungenentzündung. Man legte ihn vor eine Baracke und übergoss ihn mit Wasser. Bald darauf starb er. (Adolf Frankl)

„VERHAFTUNG MEINER FAMILIE IN BRATISLAVA, 28. SEPTEMBER 1944“ Werknummer AH 106a (1964)

Auf dem Gemälde sieht man meine Frau, unsere Kinder Thomas und Erika, meinen Schwager und mich. Wir wurden am 28. September 1944 von deutschen und mehreren slowakischen Soldaten durch das Michaelertor zur damaligen Sammelstelle getrieben. Auf dem Weg dorthin schrie eine Zuschauerin „Recht geschieht es ihnen!“ (Adolf Frankl)

„SKIZZEN SELBSTPORTRAITS“ (1960-1970)

Adolf Frankl war ein Gehetzter, den Auschwitz nie losließ, ein Geprägter, und doch ein Mensch ohne Rachegefühle. Ein Mensch, der den kommenden Generationen seine Warnung und Mahnung geben wollte und der trotz allem die Menschen liebte und zudem noch gütig, bescheiden, liebenswert und scheu war. Genügsam, wenn er in seinem „Café Hawelka“ saß und seine so wunderbaren Skizzen zeichnete, deren künstlerische Aussagen meiner Meinung nach noch mehr gewürdigt werden sollten. Bei Adolf Frankl werden der Künstler und der Mensch zu einer Einheit. (Prof. Carla Simalo-Loigner, Wien)

Alle Bilder mit freundlicher Genehmingung von Thomas Frankl und VG Bild-Kunst
Der Bilderzyklus „Visionen aus dem Inferno“ steht unter der Schirmherrschaft des UN-Hochkommissars für Menschenrechte

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